Familien im Weihnachtsstress Bedrohte Harmonie unterm Weihnachtsbaum Christina Donath Besinnliche Vorweihnachtszeit und entspannte Feiertage? Die Realität sieht häufig anders aus: Familienstreit, Geschenkestress und Koordinationsprobleme bedrohen die Harmonie unterm Weihnachtsbaum. „Wenn das bloß alles wieder vorbei wäre!“ Wer hat sich nicht schon bei diesem Gedanken ertappt? Die eigene Mutter ist am Telefon den Tränen nahe, weil man sie frühestens am zweiten Feiertag besuchen kann. Der Sohn liegt einem in den Ohren, was ihn nach den Ferien in der Schule erwartet, wenn er nicht über das neueste Handymodell mitdiskutieren kann. Tante Erna will wie jedes Jahr am zweiten Advent Plätzchen backen, auch wenn sie 300 Kilometer entfernt wohnt. Der Patenonkel ist beleidigt, wenn nnicht spätestens zum Nikolaus eine individuelle Weihnachtskarte im Briefkasten vorfindet. Und die Ex-Schwiegereltern möchten ihre Enkel unbedingt persönlich besuchen, um die Geschenke zu überreichen, aber natürlich nicht in Gegenwart des neuen Partners. Der ist aber ohnehin schon verärgert, weil es keinen Gänsebraten gibt. Ansprüche von allen Seiten Wie und wann mit wem feiern? Wie viel und was schenken? Und was auf den Tisch bringen? Der Ablauf der Feiertage bietet den meisten Konfliktstoff gefolgt von der Geschenkefrage und der Essensauswahl. Insbesondere wenn langjährige Traditionen auf eine neue Familiensituation treffen, stellt sich die Frage der Vereinbarkeit. Neue Familienmitglieder möchten einbezogen werden, während andere um ihre liebgewonnenen Gewohnheiten fürchten. Allein die zeitliche und örtliche Koordination erfordert dann Managementqualitäten, vom Fingerspitzengefühl gegenüber allen Familienmitgliedern ganz zu schweigen. Auch die Auswahl der Geschenke enthält einige Fallstricke. Anderen eine Freude bereiten zu wollen, aber sich nicht in der Konsumwelt zu verlieren, wird immer mehr zum Drahtseilakt. Viele Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder nicht von allen Verwandten überschüttet werden, gleichzeitig fürchten sie enttäuschte Gesichter, weil der Wunschzettel so lang war. Welche Geschenke für das Alter der Kinder angemessen sind, erfordert schon einige Überlegungen. Auch die finanzielle Situation der Familie setzt Grenzen und zwingt zu kostengünstigen Weihnachtsgeschenken. Während es für Kinder allerdings noch vergleichsweise nachvollziehbar ist, dass man ein Pony nicht in der Mietwohnung unterbringen kann, wird es schon schwieriger einem 15-Jährigen zu erklären, warum das Computerspiel, das bei seinen Klassenkameraden so angesagt ist, unter dem Weihnachtsbaum fehlt. Wenn dann die seit zwei Monaten vegan lebende Teenagertochter mit verkniffenem Gesicht am gedeckten Tisch sitzt, während der Schwiegervater seit einer halben Stunde versucht, den Braten zu zerteilen, ohne dass er sich dabei helfen lassen will, sind feierliche Stimmung und Entspannung in weite Ferne gerückt. Enttäuschte Erwartungen Lautstarke Auseinandersetzungen, Türenknallen und Tränen sind zu Weihnachten keine Seltenheit, sondern kommen sogar häufiger vor als zu anderen Zeitpunkten. Und dass, obwohl sich doch alle eine heile Welt wünschen. Aber gerade diese Vorstellung wird zur Falle. Enttäuschungen entstehen durch nicht erfüllte Erwartungen. Die von anderen, vor allem aber auch die eigenen. Möglichst gut den Wünschen von anderen gerecht werden zu wollen, spiegelt auch das eigene Bedürfnis nach Harmonie und Geborgenheit wider. Gerade zu Weihnachten, dem Fest der Liebe, verständlich. Wichtig ist jedoch, die Vorstellungen einer realistischen Prüfung zu unterziehen. Welche Ansprüche sind angemessen, welche Erwartungen können erfüllt werden und welche Hoffnungen müssen möglicherweise auch enttäuscht werden? Wie Sie Streitigkeiten und hohen Erwartungen an Weihnachten begegnen können Sie befürchten Auseinandersetzungen und Stress zum Weihnachtsfest? Wenn Sie unsere Hinweise beherzigen, geht es in diesem Jahr friedlicher zu. Perfektionismus ablegen Stellen Sie sich das ideale Weihnachtsfest in allen Einzelheiten vor und dann verabschieden Sie sich davon. Kindliche Wünsche und Gefühle schlummern in uns allen und werden durch so emotionale Anlässe wie das Weihnachtsfest aktiviert. Genießen Sie Erinnerungen und Vorfreude, akzeptieren Sie jedoch, dass sich die Bedeutung von Feiertagen im Laufe des Lebens wandelt. Prioritäten setzen Was und wer ist Ihnen am wichtigsten? Was ist verhandelbar? Bedürfnisse erkennen Welches Anliegen steckt hinter bestimmten Wünschen? Kann dieses vielleicht auch anders erfüllt werden? Wenn die entfernt lebenden Großeltern gern mehr Zeit mit ihren Enkelkindern verbringen möchten, muss das nicht zwangsläufig zu Weihnachten sein. Und Tante Erna bekommt einen liebevollen Brief, damit sie sich nicht vergessen fühlt. Kompromisse finden Das neueste Handy für den Sohn ist finanziell nicht drin? Sprechen Sie mit ihm, wie Sie die Kosten teilen können oder ob er sich über einen Zuschuss zum nächsten Sommerurlaub freut. Für den Partner geht Weihnachten ohne Gänsebraten nicht, Sie möchten aber entspannte Tage und kein Chaos in der Küche? Durch einen Restaurantbesuch ist die Tradition gerettet, ohne dass stundenlang die Küche aufgeräumt werden muss. Emotionale Erpressung vermeiden Werfen Sie nicht Ihre Erziehungsgrundsätze über den Haufen nur weil Weihnachten ist. Wenn Ihre Tochter droht, sich das gesamte Fest in ihrem Zimmer einzuschließen, falls sie den Hamster nicht geschenkt bekommt, werden Sie das eher überstehen, als wenn Sie sich das gesamte nächste Jahr darüber ärgern, dass Sie den Käfig ständig selbst sauber machen müssen. Klare Ansagen Stimmen Sie mit den Verwandten ab, wer den Kindern was schenkt und bitten Sie sie, sich daran auch zu halten. Und wenn Sie selbst keine Bratpfanne oder Pantoffeln möchten, ist ebenfalls ein deutlicher Hinweis hilfreich. Rechtzeitig planen Obwohl Weihnachten jedes Jahr zur gleichen Zeit stattfindet, werden wir immer wieder davon überrascht. Beim Besuch der Großeltern in den Sommerferien deshalb ruhig schon mal das Thema Feiertagsplanung ansprechen. Probier´s mal mit Gemütlichkeit Das Essen ist angebrannt und der neue Partner der Schwester nervt? Alles, was eine wirkliche Auseinandersetzung erfordert, vertagen, den Rest mit Gelassenheit sehen. Denn eins ist sicher: Das nächste Weihnachten kommt schneller, als Sie denken.