Medikamente für Kinder Eine bittere Pille Julia Wassermann Es ist ein offenes Geheimnis, dass die meisten Medikamente nicht für Kinder produziert werden sondern für Erwachsene. Ist das eigene Kind erkrankt, stehen Eltern vor der Frage, welche Präparate ohne Sorge benutzt werden können. Gründe für eine Erkrankung der Kleinen gibt es viele, ob der enge Kontakt mit anderen Kindern in Schule und Kindergarten, oder aber auch die bevorstehenden kalten Jahreszeiten. In dieser Situation entsteht schnell große Unsicherheit, ob das Kind gleich mit Medikamenten therapiert werden soll oder erst einmal die bewährten Hausmittel zum Einsatz kommen. Denn viele Arzneimittel, die Kindern verschrieben werden, sind ursprünglich für Erwachsene entwickelt und an ihnen getestet worden. „Kinder sind aber keine kleinen Erwachsenen“ (Jean Piaget), ihr Stoffwechsel unterscheidet sich je nach Alter und deshalb genügt es nicht, die Dosierung in Abhängigkeit zum Körpergewicht herunter zurechnen. In Deutschland, obwohl auf einem hohen Stand pharmazeutischer Versorgung, gibt es zu wenig Medikamente, die für Kinder zugelassen sind. Heutzutage sind 20 Prozent der Medikamente, die Kindern von niedergelassenen Ärzten verschrieben werden, nur für Erwachsene bestimmt. In vielen Fällen fehlen auf dem Beipackzettel die Empfehlung zur Dosis für Kinder. Auch die EU-Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 aus dem Jahr 2007 hat an dieser Situation nicht viel geändert. Sie sieht vor, dass alle Medikament auch für Kinder getestet werden sollen, wenn sie für sie relevant sind. Da die Entwicklungskosten aufgrund des vergleichsweise geringen Bedarfs sehr teuer sind, werden die meisten Medikamente jedoch nicht speziell für Kinder entwickelt. Paracetamol und Co. im Test Mit diesem Thema beschäftigte sich auch ÖKO-TEST und hat 88 rezeptfreie Arzneimittel auf ihre Tauglichkeit für Kinder und auf Inhaltsstoffe geprüft. Darunter Mittel gegen Durchfall, Blähungen, Fieber und Schmerzen. Bei den Medikamenten gegen Blähungen überzeugte keines der getesteten Produkte. Die Präparate gegen Fieber und Schmerzen schnitten fast alle mit „sehr gut“ ab. Jedoch enthielten vier Medikamente bedenkliche Farbstoffe: Ben-u-ron Saft, Enelfa Dr. Henk Saft, Paracetamol BC 200mg Saft und Dolormin für Kinder Ibuprofensaft 4%. Das Urteil „ungenügend“ gab es bei den Durchfall-Präparaten in drei Fällen: Aplona Apfelpulver für Kleinkinder, Colina Spezial Pulver und Tannacomp Filmtabletten. Die vollständigen Ergebnisse dieser Studie sind in der ÖKO-TEST-Ausgabe vom August 2009 aufgelistet. Ist die Wahl auf ein Präparat, dass für das Kind geeignet ist, gefallen, muss einem jedoch auch bewusst sein, dass Arzneimittel nicht nur helfen. Sie können unerwünschte und sogar schädliche Nebenwirkungen haben. Zwar betrachten viele Menschen das umfangreiche Angebot an Pillen, Tropfen und Sprays mit Abstand, im Zweifelsfall ist das Vertrauen für Medikamente gegenüber Hausmitteln jedoch stärker. Doch gerade bei Kindern sind Behandlungen ohne Arzneimittel oft eine bessere Wahl, da sie bei Kinderkrankheiten meist sehr zuverlässig wirken. Zu den nebenwirkungsfreien Klassikern gehören der Wadenwickel bei Fieber und ein Kirschkernkissen oder Fencheltee gegen Bauchschmerzen. Im Falle starken Beschwerden oder Erkrankungen führt jedoch kein Weg an Medikamenten vorbei. Hierbei ist es dann wichtig, dem Kind das Präparat nur in Rücksprache mit dem Kinderarzt oder Apotheker zu verabreichen. Geben Sie keine Medikamente, die Ihnen selbst verschrieben worden sind. Denn nur der zuständige Arzt hat die Erfahrung eine auf das Kind abgestimmte Therapie zu entwickeln.