Akupunktur erfreut sich wachsender Popularität Nadeln für den Qi-Fluss Jonathan Nübel Von den alternativen Heilpraktiken genießt Akupunktur die größte Beliebtheit. Grund genug, die Methode genauer unter die Lupe zu nehmen. Um aber die wohl brennendste Frage vorab zu klären: Nein, es tut nicht weh. Alternative Heilmethoden verzeichnen einen erheblichen Aufschwung . Das liegt wohl einerseits an der besseren Vermarktung der Heilpraktiker, andererseits aber auch an der zunehmenden Unzufriedenheit der Patienten mit den traditionellen Therapien. Vielleicht auch an der zu Fließbandarbeit mutierenden Behandlung oft hoffnungslos überarbeiteter Schulmediziner. Fest steht, dass bei aller Zuwendung und bei allem Wohlergehen der Patienten diese alternativen Heilpraktiken vielerorts belächelt werden. Zumal ihre tatsächliche, physische Heilwirkung noch in keinen korrekten wissenschaftlichen Studien nachgewiesen werden konnte. Was die Akupunktur betrifft, so stehen auf ihrem Konto doch zumindest einige Studienergebnisse zu vereinzelten Erkrankungen, die Vorteile gegenüber der normalen Behandlung nachgewiesen haben. Nicht zuletzt wegen dieser Studien, avanciert die Akupunktur zur angesehensten unter den (von der Schulmedizn überwiegend nicht angesehenen) alternativen Heilpraktiken. Märchen der Akupunktur Jedoch stellt sich die Frage, in wieweit ein vernünftiger Mensch, der modernen, westlichen Welt sich dieser, bei genauer Betrachtung, sehr fragwürdigen Methode hingeben kann. Ein bisschen Fantasie, Weltoffenheit und Gutgläubigkeit gehören genauso zu einem Akupunktur-Patienten, wie seine Erkrankung. Die Traditionelle Chinesische Medizin, aus der die heutige Akupunktur in Europa größtenteils überliefert ist, liefert als fundamentale Grundlage ihrer Behandlung die Existenz einer geheimnisvollen Art Lebensenergie, dem „Qi“, das auf mehreren Bahnen, den Meridianen, durch unseren gesamten Körper fließt. Dabei ist zu beachten, dass das Vorhandensein des Qi wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden kann, da es sich eher um eine Art metaphysischer Energieströme handelt. In einem gesunden Körper zirkuliert das Qi in voller Harmonie, Krankheiten dagegen entstehen aus einer Unterbrechung oder Disharmonie im Qi-Fluss, heißt es in der Traditionellen Chinesischen Medizin. Ziel der Akupunktur-Behandlung ist es also, den Qi-Fluss wieder auszubalancieren, was die Heilung des Leidens bewirken soll. Die Nadeln, die in einen der 361 bekannten Akupunkturpunkte injiziert werden, sollen den Qi-Fluss beeinflussen und so zu dem gewünschten Ergebnis führen. Das Auffinden dieser Punkte ist indes ein Wissenschaft für sich, da es für jeden Menschen individuell ausfällt und nur von erfahrenen Akupunkturmeistern korrekt ausgeführt werden kann. Als Maß gilt hierbei das so genannte „Cun“, das die Breite des Daumens auf Höhe des ersten Gelenkes beschreibt, die bei jedem Menschen natürlich anders ausfällt. Effizienz teils nachgewiesen Nichtsdestotrotz boomt das Akupunkturgeschäft in Deutschland wie nie. Die Zahl der Patienten steigt ebenso, wie die Zahl der Ärzteverbände, die Studien auf diesem Gebiet betreiben oder die Ausbildung zum Akupunkteur (nur für qualifizierte Mediziner natürlich) anbieten. Gründe dafür sind oben schon angeführt und finden Dank der erfolgreichen Studien durchaus ihre Berechtigung. So haben verschiedene, voneinander unabhängige Studien bewiesen, dass eine Behandlung durch Akupunktur bei Migräne eine gleichwertige Verbesserung erzielt, wie bei der normalen, medikamentösen Therapie. Bei chronischen Knie- und Rückenbeschwerden (im Lendenwirbelsäulenbereich) wurde sogar eine effizientere Behandlung erreicht. Dazu kommt noch, dass eine Akupunkturtherapie mit mehreren Sitzungen über einen Zeitraum von sechs Wochen betrieben wurde. Die Medikamente wurden jedoch über den kompletten Zeitraum von sechs Monaten verabreicht. Der Langzeiteffekt beider Therapien fiel jedoch auf gleichem Niveau aus. Erstaunlich jedoch, war die Tatsache, dass eine ebenfalls getestete Pseudo-Akupunktur, bei der das Schema der Akupunkturpunkte nicht eingehalten wurde und die Nadeln nur minimal unter die Haut gestochen wurde, annähernd die gleiche Effizienz aufwies, wie die der richtigen Akupunktur. Dadurch drängt sich die Vermutung auf, die Wirkung von Akupunktur trete als reiner Plazebo-Effekt auf. Nach wie vor ist nämlich nicht geklärt, wie die Heilwirkung der Akupunktur von Statten läuft. Schließlich lassen sich westliche Wissenschaftler nicht mit der Geschichte des geheimnisvollen „Qi“ abspeisen. Durchaus vorstellbar scheint für manche Mediziner die Vorstellung, die Wirkung der Akupunktur vollziehe sich nur auf psychischer Ebene, was eine plausible Erklärung für die ähnliche Wirkung von richtiger und vorgetäuschter Akupunktur. Sonderbehandlung ohne große Risiken Die Patienten selber bereuen den Entschluss zum Experiment Akupunktur jedoch so gut wie nie. Im Vergleich zu der normalen, möglichst schnellen Abfertigung der Patienten, erweist sich eine Akupunktur-Sitzung meist als ein eingehenderes und angenehmeres Erlebnis. Vor Beginn der Behandlung interviewt der ausführenden Arzt den Patienten bezüglich seiner Krankengeschichte. Er fragt dabei Ernährungsgewohnheiten und anderer Eigenschaften ab, um so den Körper zu „lesen“. Auch diese abstrakte Diagnostik ist ein aus der traditionellen chinesischen Medizin überliefertes Relikt. Außerdem findet die Behandlung, die viel Vertrauen von Seiten der Patienten braucht, natürlich auf einer viel intimeren Ebene statt, als ein formaler Arztbesuch. Dem Patienten wird ein höheres Maß an Zuneigung und Aufmerksamkeit entgegengebracht, was beruhigend wirkt und das Wohlergehen des Patienten in jedem Fall steigert. Akupunktur: Keine Schmerzen, nur ein leichtes Kribbeln Die Akupunktur selbst, also die Injektion der Nadeln, empfinden die meisten Patienten nicht als schmerzhaft. Stattdessen berichten viele Patienten von einem leichten Kribbeln. Vor, während und nach der Behandlung wird der Patient in ein ruhige, entspannende Lage versetzt. Das Austreten von Bluttröpfchen ist zwar möglich, geschieht aber nur in seltenen Fällen. Alles in allem ist solch eine Behandlung ein nicht im Entferntesten ein so pikantes Erlebnis, wie es Vorurteile, Ängste und Befürchtungen vor dem inneren Auge projizieren. Ein weiterer Vorteil der Akupunktur-Therapie: Sie ist bei professioneller Ausführung größtenteils frei von Nebenwirkungen. In seltenen Fällen bildet sich ein Bluterguss an der Stelle der Injektion oder es kommt zu Kreislaufreaktion beim Einstechen. Ansonsten besteht eigentlich nur die Möglichkeit einer Infektion durch das Benutzen von nicht desinfizierten Nadeln. Doch so etwas ist höchstens bei unseriöser Arbeit zu erwarten. Diese relative Gefahrlosigkeit wirkt ebenfalls als Anreiz. So können Patienten, bei denen die sonst übliche Therapie nicht anspringt, so eine bedenkenlose Zusatzmöglichkeit in Anspruch nehmen. Krankenkassen übernehmen bei chronischen Beschwerden Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen mittlerweile die Kosten einer Akupunktur bei chronischen Knie- oder Rückenbeschwerden. Bei nicht abgedeckten Krankheitsfällen kostet eine Sitzung zwischen 30 und 70 Euro. Die Zahl der Sitzungen, die eine Therapie beinhaltet, variiert bei den verschiedenen, individuellen Fällen. Neben Knie- und Rückenbeschwerden, hatte sich eine Akupunktur-Therapie auch bei Migräne und Spannungskopfschmerzen als sehr erfolgreich erwiesen. Die Zahl der Migräneanfälle wurde innerhalb weniger Wochen halbiert. Die Welt-Gesundheits-Organisation WHO hat mittlerweile eine Liste der für Akupunktur in Frage kommenden Erkrankungen herausgegeben. Physische Verletzungen wie etwa ein gebrochenes Bein kurieren die mystischen Kräfte der Akupunktur nicht. Aber auch Kinder, allerdings keine Babys oder Kleinkinder, können von einer Akupunktur- Behandlung profitieren. Heuschnupfen, Asthma, Migräne oder Spannungskopfschmerzen können erfolgreich behandelt werden. In manchen Fällen genügen schon zwei Sitzungen, um ein Kind für eine Saison vom Heuschnupfen zu befreien. Es kann also durchaus lohnenswert sein, sich Nadeln in den Körper stechen zu lassen. Eine Erfolgsgarantie gibt es jedoch nicht.
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