Mit der Familie ins Ausland Was Expatriates beachten sollten Redaktion Mobil, flexibel, mit Erfahrung im Ausland – so stellen sich viele Personaler heute den perfekten Mitarbeiter vor, und das nicht mehr nur bei Fachkräften. Wer also im Job erfolgreich sein möchte, der steht schnell vor der Frage: Ausland, ja oder nein. Was für viele Familien erst einmal nach Urlaub und Abenteuer klingt, entpuppt sich oft als enorme Belastung, für Ehepartner ebenso wie für mitreisende Kinder. Mit einer sorgfältigen Vorbereitung, einer guten Community und einer frühzeitig geplanten Rückkehr in die alte Heimat kann ein Auslandsaufenthalt mit der Familie jedoch eine wertvolle Erfahrung für alle sein. So schwer hatte sich Katrin K. das nicht vorgestellt. Sicher, allein die Entscheidung, ob sie und ihre Familie wirklich mal für ein paar Jahre in Singapur leben sollten, hatten sie sich nicht einfach gemacht.Aber dann hatten sie und ihr Mann, Ingenieur bei einer großen Baufirma, sich dafür entschieden, und hatten sich mit Elan in den Umzugsstress begeben. Selbst ihre beiden Kinder, Max (12) und Sabine (7) waren begeistert gewesen. Und jetzt das. Singapur in der Mittagshitze, die 32 Grad Celsius gehen eigentlich noch, aber die Luftfeuchtigkeit liegt bei fast 90 Prozent – unerträglich. Der Umzug liegt bereits drei Monate zurück, wochenlang hat Katrin sich noch mit Wohnungseinrichtung beschäftigt, aber selbst dieses Thema ist jetzt erledigt. Stattdessen: Leere. Ihr Mann in der Arbeit, oft tagelang unterwegs, die beiden Kinder in der Schule. Tochter Sabine hat dort schnell Anschluss gefunden, Sohn Max aber tut sich schwer, jammert jeden Abend, will sofort zurück nach Deutschland. Und so sollen jetzt die nächsten Monate vergehen? Der Vertrag ihres Mannes läuft über vier Jahre… Fremde Heimat Auch Uschi M. ist überrascht, wie schlecht es ihr geht. Seit einem halben Jahr leben sie und ihre Familie wieder in Deutschland. Die Zeit in den USA war ein Traum gewesen. Sicher, sie erinnert sich an die Anfangsschwierigkeiten, aber dann waren neue Freunde in ihr Leben getreten, eine völlig neue Welt tat sich ihnen auf. Schließlich der Rückruf nach Deutschland, der Vertrag ging zu Ende, die Universität, an der ihr Mann arbeitet, wollte ihn wieder in Deutschland haben. Und Sohn Johannes (16), der in Washington gerade seine erste Freundin hatte. Nur: Dass der Wiederanfang in Deutschland sich so zäh gestalten sollte, das hatten sie nicht erwartet. Sie waren doch Deutsche! Das war ihre Kultur, ihre Heimat! Das kennt man doch noch! Weit gefehlt. Die Menschen auf den Straßen und in den Supermärkten kommen ihnen seltsam mürrisch und deprimiert vor. Niemand will etwas von ihrer Zeit in den USA erzählt bekommen. Uschi hatte gedacht, dass sie nach den fünf Jahren Ausland wieder leicht in ihren alten Job als Lektorin reinkommt. Ein Irrtum. Der Platz, den sie vor 5 Jahren geräumt hatte, ist besetzt, neue Stellen gibt es nicht. Und so sollen die nächsten Monate vergehen? Eine Rückkehr in die USA kommt erst einmal nicht in Frage. Doris Traudt kann beide Frauen gut verstehen. Hat sie doch beide Situationen am eigenen Leib erlebt, das Rausgehen in ein fremdes Land, in eine andere Kultur, und das Zurückkehren nach Deutschland. Fünf Jahre lang lebte sie mit ihrer Familie in Südafrika, ihr Mann, Journalist, als Auslandskorrespondent, sie selbst als sogenannte „mitreisende Ehefrau“. Sohn Moritz, in München geboren, war 9 Jahre alt gewesen, als sie nach Johannesburg zogen, und 14 Jahre alt, als sie wieder nach Deutschland gingen, in das ihnen unbekannte Karlsruhe. Vor dem Abenteuer Afrika hatte sie bei verschiedenen Firmen gearbeitet, im Konfliktmanagement, im Change- und Krisenmanagement, zuletzt bei einer Unternehmensberatung. In Südafrika dann: keine Arbeitserlaubnis, sondern lediglich eine Weiterbildung als Business Coach. Nach Deutschland zurückgekehrt ist sie mittlerweile zertifizierter Business Coach (IHK Karlsruhe) und kümmert sich um hochmobile Familien weltweit. Sie weiß: Immer mehr Menschen bekommen das Angebot, beruflich ins Ausland zu gehen. Und etwa 85 Prozent der sogenannten „Expatriates“ werden von ihren Partnern begleitet. Sie sind die globalen Nomaden, auf der Suche nach einem neuen Zuhause, selbst wenn es nur für ein paar Jahre ist, oder nach der alten Heimat, die sie verlassen hatten. Erst wenn alle sagen können, ‚I am home‘, sind mobile Familien angekommen, egal wo sie sich befinden.Doris Traudt (www.iamhome.de) Uschi M. sind beide bei Doris Traudt gelandet und werden von ihr gecoacht. Das Coaching geschieht bevorzugt telefonisch, manchmal auch per Skype. „Den Gesprächspartner zu sehen stört aber oft, macht viele Menschen befangen“, sagt Doris Traudt. „Die Anonymität des Telefons ist besser, meine Klienten sprechen dann freier, können sich über ihre Sorgen ungehemmter Gedanken machen.“ Sie weiß, dass bei den ins Ausland gehenden Menschen oft die ersten Monate entscheidend sind. „Erst, wenn alle sagen können: ‚ I Am Home‘, sind hochmobile Familien angekommen“, sagt Doris Traudt. Traudts Ziel es ist, mobile Familien und mitreisende Kinder dabei zu unterstützen, ihr neues Leben erfolgreich zu meistern. „Pflegen Sie Traditionen, die Sie aus Deutschland kennen“, rät sie. „Und bauen sie gleichzeitig neue Rituale im Gastland auf.“ Uschi M. meint dazu: „In Frau Traudt habe ich einen Coach und eine Partnerin gefunden, die zielgerichtet und motivierend arbeitet. Ich habe gespürt, welch ein hohes Maß an Erfahrung bei Ihr mitschwingt. Welch ein Segen, dass wir uns getroffen haben.“ Und Katrin K. ergänzt: „Frau Traudt hat eine sehr positive Ausstrahlung und kompetente Art. Das bildet einen wunderbaren ‚Teppich‘ an Vertrauen und Wohlgefühl.“ Mit Kindern ins Ausland Besonders spannend ist es in der Tat, wenn man mit Kindern umzieht. „Mama, hier sieht irgendwie alles so anders aus!“, hatte die kleine Sabine gesagt, angesichts der dicht gedrängt stehenden Wolkenkratzer der Millionen-Metropole Singapur. Verständlich, wenn man aus dem beschaulichen Heidelberg kommt. Doris Traudt hat selbst erlebt, wie verwirrend es sein kann, dass ein Wohnviertel wie das ihre in Johannesburg eigentlich ganz vertraut wirken kann, und dass zumindest weiße Südafrikaner gar nicht so anders aussehen wie Menschen in Deutschland, dass sich unter dieser Oberfläche aber sehr wohl eine völlig fremde Kultur verbirgt. Sohn Moritz hat dort in einer englischsprachigen Schule die vielen unterschiedlichen Kulturen Südafrikas erlebt und hat mit ihnen gelebt. Er ist zu einem sogenannten „Third Culture Kid“ geworden, ein „Dritt-Kultur-Kind“, dessen kulturelles Zuhause weder das Herkunftsland Deutschland, noch das Gastland Südafrika war. Sondern eben etwas Neues, das nur er kennt. So wird es vermutlich auch den Kindern von Katrin K. und Uschi M. gehen. Katrins Sohn Max bekam einen richtigen Kulturschock, als er merkte, dass Schulsport in Singapur nicht aus Fußball, sondern auch Cricket besteht. Tochter Sabine hatte nächtelang geweint, als sie merkte, dass Oma und Opa jetzt nicht mehr so einfach und schnell zu Besuch kommen können. Vor allem Kinder ab dem 10. Lebensjahr tun sich oft schwer damit, ihre „Peer Group“ wechseln zu müssen. Facebook und Twitter können über anfänglichen Trennungsschmerz noch hinweghelfen. „Wichtig ist aber vor allem, dass die Eltern gelassen positiv und ruhig bleiben“, sagt Doris Traudt. Von Erfahrungen profitieren Auch bei der Rückkehrer-Familie von Uschi M. Sohn Johannes fühlt sich in Deutschland wie ein heimlicher Einwanderer, sein Englisch ist besser als sein Deutsch, obwohl in der Familie auch in den USA immer deutsch gesprochen wurde. Auf der anderen Seite empfindet er eine Art Weltverbundenheit, ein tiefes und gefestigtes Bewusstsein, dass es überall auf der Welt Menschen gibt, mit denen man befreundet sein kann. Das hätte er nicht erlebt, wenn er seine ganze Kindheit in Deutschland verbracht hätte. Einmal Expat, immer Expat? Uschi M. und Katrin K. sind durch das Telefon-Coaching bei Doris Traudt ruhiger und zuversichtlicher geworden. Katrin geht mutiger in Singapur auf andere Menschen zu, und Uschi hat gemerkt, dass es nicht nur ihr so seltsam geht, wenn man nach vielen Jahren aus dem Ausland zurückkehrt. Ja, sie glaubt sogar ganz fest daran, dass sie und ihr Mann eines Tages wieder ins Ausland gehen werden. Johannes wird dann natürlich volljährig, und damit vermutlich nicht mehr mit von der Partie sein. Das wird wieder eine neue Erfahrung werden, weiß Uschi. Für Doris Traudt übrigens auch. Auch sie träumt davon, eines Tages wieder als globaler Nomade eine neue Kultur zu suchen und zu finden. Irgendwo auf der Welt zuhause zu sein.