Kindgerecht statt Mini-Me Modische Erziehung: Was und wie viel ist okay? Redaktion Kinderkleidung gibt es ohne Ende. Wie aber ist ein Kind zu kleiden und was, wenn es im Zuge des Trotzalters beginnt, sich gegen die herausgelegte Kleidung zu wehren und stattdessen selbst wählen will, was es trägt? Dann sollten modische Entscheidungen hinten anstehen. Es geht dann nicht um modische Erziehung, sondern um das Wohl und die Entwicklung des Kindes. Micro-Fashion oder eigenwillige Kreationen: Es gibt eine Fülle an Kinderkleidung, die alle möglichen Farben, Formen und Ausprägungen annimmt. Dabei sind Mini-Me und Look-a-like mit Mama oder Papa keine ungewöhnliche Möglichkeit mehr, besonders wenn der Blick nach Hollywood gewendet wird. Da tippeln Tochter Suri und Mama Katie Holmes im gleichen Outfit inklusive Absatzschuhen über die Straße, so manches Promikind wird im Anzug ausgeführt oder soll in Skinny Jeans spielen. Klar, ein Mini-Me ist süß, aber hier stellt sich die Frage: Wie kindgerecht ist das noch? Oftmals leider wenig und das ist etwas, was Eltern definitiv bei der Kleiderwahl beherzigen sollten. Nicht zu erwachsen, dem Kind angenehm und vor allem passend. Aber auch das ist leichter gesagt als getan, denn so manches Kind hat bereits früh eigene modische Vorstellungen. Kinderkleidung passend auswählen Das wichtigste ist immer, dass alle Kleidungsstücke richtig passen, auf die Aktivität und das Wetter angepasst sind. Für kleine Kinder heißt das besonders, dass auf Bewegungsfreiheit geachtet werden sollte, aber dennoch nichts rutschen oder zu groß sein darf. Sonst werden Hosenbeine schnell zu Stolperfallen und zu lange Ärmel bald zur motorischen Behinderung. Zu enge Nähte können scheuern und Größenschildchen kratzen. Diese Eventualitäten sollten mit dem Kind gemeinsam durchgegangen werden, Unsicherheiten bei der Größe können durch den gemeinsamen Kauf der Kleidung ausgeschlossen werden. Besonders wichtig sind auch die Schuhe. Gerade Kleinkinder, die gelernt haben zu laufen und nun blitzartig auf Entdeckungsreise umherflitzen, müssen mit passenden Schuhen ausgerüstet sein, damit nichts drückt und zwickt und sogar Schäden hervorrufen kann. Vor dem Schuhkauf sollten Eltern sich entsprechend informieren und damit ausschließen, dass sie zweimal kaufen müssen. Die richtige Passform ist dabei entscheidend, sowie dass die passende Größe von den Eltern überprüft wird, da Kinder häufig nicht mal spüren können, ob die Schuhe passen oder nicht. Da kann beispielsweise die „Daumenprobe“ helfen. Ist der richtige Sitz dann gewährleistet, kann die Entdeckungsreise schmerz- und – zumindest von Seiten der Schuhe her – stolperfrei von statten gehen. Ganz wichtig: Lassen Sie sich beim Schuhkauf nicht von ihrem Kind einreden, dass die Schuhe passen, nur weil sie schön sind. Grade wenn die passende Größe der wunderbaren Prinzessinnen-Schläppchen vergriffen sind, lassen sich Kinder auf unpassende Kompromisse ein, die dann bereits wenig später Probleme bereiten können. Auch wenn das zu Diskussionen führen mag: Lieber die passende Größe bestellen und zwei Tage abwarten. Wenn die Trotzphase kommt Aber auch wenn die Kleidung eigentlich dem Geschmack des Kindes entspricht und passt, ist das kein Garant für diskussionsfreies Anziehen. Manche Kinder haben schon sehr früh eigene Vorstellungen davon, wie sie sich nach außen präsentieren möchten. Das hat nicht immer Gründe, die die Eltern sofort nachvollziehen können – manche Dinge müssen einfach der Diskussion wegen diskutiert werden. Diese Eigenständigkeit gehört zur Entwicklung dazu, auch wenn das für die Eltern nicht immer angenehm ist und zwangsläufig zu längeren Abläufen führt, als gewohnt. Kinder möchten irgendwann damit beginnen, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln und auch wenn das mit drei Jahren natürlich noch deutlich zu früh ist, muss diesem Wunsch in irgendeiner Form Rechnung getragen werden. Dann möchte der Sprössling plötzlich selbst sein Outfit bestimmen und die rote Hose zum knallpinken Shirt anziehen. Darüber gehört dann noch eine orange Jacke und an die Füße dürfen bloß keine gleichen Socken. Das entstandene Outfit mag gerade für modebewusste Eltern schwer anzusehen sein, aber gehört zur Entwicklung dazu und ist Teil der neuen Selbstständigkeit, die Ihr Kind erlernt. Solange es zu Wetter und Aktivität passt, dürfen modische Entscheidungen dann ruhig hinten anstehen. Ist das nicht der Fall, müssen Eltern die Entscheidungsgewalt zumindest zum Teil zurück gewinnen. Ein guter Kompromiss kann es sein, bereits abends zusammen rauszulegen, was am Morgen angezogen wird – Wettercheck nicht vergessen. So stehen morgens vermutlich keine Diskussionen an und wenn doch, können vernünftige Argumente hervorgebracht werden, die auch gleich noch vermitteln, was Konsequenz ist: „Gestern haben wir es so vereinbart und du warst zufrieden damit. Heute Abend kannst du dir etwas anderes für morgen aussuchen.“ Das sorgt auch dafür, dass der Morgen entzerrt wird und aus Zeitmangel kein Stress aufkommt. Das schont sowohl die Nerven der Eltern, als auch die des Kindes, das mit morgendlichen Diskussionen ebenfalls schlecht in einen Tag starten würde. Manchmal darf es aus irgendeinem Grund nicht mehr als der Strampler und die Schuhe sein. Passt das den Eltern nicht, müssen Kompromisse geschaffen werden. Manchmal heißt das „Dann frierst du halt!“, manchmal müssen Eltern jedoch auch entscheiden, was ein Dreijähriger eben noch nicht zu entscheiden hat. Ist an der Wettertauglichkeit des Outfits gar nichts zu machen, sitzen Sie als Eltern ebenfalls am längeren Hebel, schließlich wird Ihr Kind durchaus merken, wenn es zu kalt oder zu warm oder nicht regenfest angezogen ist. Wer dann Regenhose, warmen Pulli und Jacke einpackt und glänzen kann, wenn es dann doch plötzlich kalt oder nass wird, der hat im Zweifelsfall nicht nur Dankbarkeit und Anerkennung, sondern auch einen Vorsprung für die nächste Diskussion gewonnen: „Gestern war dir kalt und du brauchtest den anderen Pulli, können wir uns heute darauf einigen dass du ihn gleich anziehst und ihn dann ablegen kannst, wenn dir zu warm wird?“ Ist die Ablehnung hingegen hartnäckiger Natur, so dass wirklich nichts am Entschluss, das bestimmte Kleidungsstück nicht mehr anzuziehen, zu rütteln ist, sollten Sie Nachforschungen anstellen, was genau damit nicht stimmt. Manchmal machen sich andere Kinder aus unerfindlichen Gründen über die Kleidung anderer lustig, bei anderen Dingen stört vielleicht ein Detail wie ein Schildchen im Nacken, das kratzt und stört. Überprüfen Sie das und fragen Sie auch bei Ihrem Kind nach, wieso genau das Kleidungsstück „blöd“ ist. Sind es rein objektive Gründe wie eine störende Naht, ist das Problem schnell beseitigt. Geht es hingegen wirklich um die Reaktion anderer Kinder, sollte das Problem im größeren Rahmen angegangen werden und ein kindgerechter Weg gefunden werden, das Problem auch beispielsweise im Kindergarten anzusprechen. Das verhindert, dass eine tatsächliche Ausgrenzung entsteht. „Selbst machen“ und Zeitnot Eine weitere Entwicklung von der immer wieder die Kleidung betroffen ist, ist die „Selbst machen“-Phase. Einen Pullover anzuziehen ist schließlich eine alltägliche Aufgabe, die recht einfach von einem Kleinkind zu bewerkstelligen ist, auch wenn es am Anfang sehr ungelenk und langwierig ist. Diese Dinge zuzulassen und das Kind für kleine Erfolge zu loben, gehört dazu und unterstützt es beim Selbstständig werden. Das mag manchmal auf die Nerven fallen und länger dauern als es soll, trägt aber am Ende dazu bei, einen eigenständigen, selbstständigen kleinen Menschen heranzuziehen. Besser also: Diese Entwicklung einfach hinnehmen und sich darüber freuen, dass das Kind zum kleinen Charakter heranwächst. Das vermittelt dem Kleinen auch Selbstwertgefühl und Wertschätzung, die in jedem Alter von großer Bedeutung sind. Aber auch hier müssen Grenzen aufgezeigt werden, schließlich geht es morgens manchmal schlichtweg nicht schnell genug. Hier sind Kompromisse und gute Argumente gefragt, die entweder in Arbeitsteilung („Ich zieh dir die Jacke an, du machst sie zu.“) oder in ein Aufschieben („Wir müssen uns beeilen, um nicht zu spät zum Kindergartenfrühstück zu kommen. Da kannst du dir dann alleine die Jacke und Schuhe ausziehen.“) münden. Schließlich sind Eltern nicht umsonst erziehungsberechtigt – manche Dinge liegen einfach nicht in der Hand eines Dreijährigen, was auch konsequent durchzusetzen ist. Trotzdem: Immer erst erklären, wieso etwas gerade nicht geht. Das erhöht die Chancen, nächstes Mal auf mehr Verständnis zu stoßen. Kleinkinder können vieles schon alleine und möchten das auch zeigen. Dazu gehört auch Schuhe anziehen – wichtig: Lassen Sie das zu, nur so kann das Kind selbstständig werden. Ist jedoch Eile gefragt, ist es in Ordnung die Aufgabe selbst zu erledigen, wenn eine Erklärung vorweg geht, warum und wieso jetzt keine Zeit zum „selber machen“ ist. Nicht zu erwachsen, auch nicht in der Erziehung Und genau so, wie ein Kind nicht erwachsene Entscheidungen treffen kann, sollte es auch nicht erwachsen gekleidet werden. Skinny Jeans und erst recht Stöckelschuhe sind wenig kindgerecht und haben somit auch nichts im kindlichen Kleiderschrank verloren. Das gleiche gilt für erwachsen anmutende oder gar aufreizende Kleidung. Wer schon früh beginnt, das Kind „sexistisch“ zu kleiden, wird auf Dauer auf das ein oder andere Problem stoßen. Zwar legen gerade Designer in den letzten Jahren vermehrt Wert darauf, die Muster der Kleidung von Mutter und Tochter und Vater und Sohn anzugleichen, oft handelt es sich dabei aber sowohl um unpraktische Schnitte als auch um überteuerte Exemplare. Besser: Sich in Second-Hand Shops und auf Kinderbasaren nach passender Kleidung umsehen. Diese ist durch das oftmalige Waschen schadstoffarm und darüber hinaus noch wesentlich günstiger als Neuware. Trotz all der Unannehmlichkeiten, die die Selbstständig-Werdung und auch die modische Entwicklung eines Kindes mit sich bringt, ist es wichtig, dass Eltern die Entscheidungen ihrer Kinder sowohl genereller Natur als auch in Bezug auf ihre Kleidung – wo es geht -akzeptieren und wertschätzen. Geht das aufgrund von gewissen Umständen nicht, erklären Sie es und gehen Sie Kompromisse ein. Das vermittelt auch dem Kind Kompromissfähigkeit und gewisse Kleidungsgrundsätze. Solange das modische Empfinden dabei noch nicht angekommen ist, machen Sie sich nichts draus und nehmen Sie es mit Humor. Kuriose Bilder mit dem Kommentar „Du warst nicht von deiner Entscheidung für dieses Outfit abzubringen“ sorgen später garantiert für Lacher und sind wohl auch anderen Eltern nicht ganz unbekannt. No-Gos sind hingegen überkandidelt gekleidete Kinder, die sich wie die Parodie ihrer Eltern aufführen. Lassen sie ihr Kind auch modisch Kind sein und so mit eigenen Entscheidungen zu einem gesunden Erwachsenen heranwachsen.