Spätgebärende „So ein hübsches Enkelkind!“ Natalja Kvast Das größte Problem für Spätgebärende stellt die biologische Uhr da. Mit dem Alter der Mutter steigen auch Risiken und Komplikationen einer Schwangerschaft stark an. Doch nicht nur deshalb haben späte Mütter mit Vorurteilen zu kämpfen. Während die späte Vaterschaft weitgehend akzeptiert ist, werden Mütter jenseits der 40 sicherlich oft die Frage beantworten müssen, ob es sich bei ihrem eigenen Nachwuchs womöglich um Enkelkinder handelt. Tatsächlich sind solche Familienkonstellationen oft durch verrutschte Verhältnisse gekennzeichnet – die große Schwester wird zu Mutterfigur, ihr kleiner Sohn zum Bruder. Die Kinder älterer Mütter erleben nur selten einen Drei-Generationen-Haushalt. Die Großeltern sind dann meist einfach nicht mehr belastbar. Dabei sind andere erwachsene Bezugspersonen für Kinder aus psychologischer Sicht genauso wichtig wie die Eltern. Auch wenn man die Tatsache am liebsten verdrängen möchte, können ältere Eltern ihre Kinder nicht so lange im Leben begleiten wie dies in jungen Familien der Fall ist. Bekommt man das erste Kind mit 40, ist man in 30 bis 40 Jahren womöglich nicht mehr für das Kind da. Wir werden es immer öfter mit Enkelkinder zu tun haben, die ihre Großeltern nur aus Fotos und Erinnerungen der Familienmitglieder kennen. Auch die Beziehung zwischen Kind und Eltern wird früher oder später einer besonderen Belastungsprobe unterzogen. Im selben Alter, in dem die Eltern um die Welt reisen und sich nur auf sich selbst und die Erfüllung eigener Wünsche konzentrieren konnten, müssen ihre Kinder sie womöglich schon pflegen. Verbringt man weniger Lebenszeit mit den Kindern, besteht nicht zuletzt in bildungsnahen Schichten die Tendenz zur Überoptimierung. So wie vorher ohne Kind alles im Leben dem Terminplan entsprechend lief, sollen jetzt auch die Kinder richtig funktionieren. Die Eltern kreisen dann als sogenannte Helikopter-Eltern pausenlos um ihre Kinder herum und organisieren nicht nur deren Alltag komplett, sondern auch schon ihr gesamtes Leben. Die biologische Uhr ist nicht zu überhören Das größte Problem für Spätschwangere stellt die biologische Uhr da. Um die 40 wird sie nicht mehr zu überhören sein. Die Natur hat es wirklich so gedacht, dass der optimale Zeitpunkt für eine Schwangerschaft zwischen 20 und 25 Jahren liegt. In diesem Alter können die Strapazen einer Schwangerschaft und Geburt sowie die ersten anstrengenden Wochen am leichtesten gemeistert werden. Die Fruchtbarkeit nimmt bereits ab 30 etwas ab. Ab 35 ist die Abnahme noch deutlicher. Die Chancen auf natürlichem Wege schwanger zu werden reduzieren sich also mit fortschreitendem Alter. Außerdem steigen mit dem Alter auch Risiken und Komplikationen einer Schwangerschaft stark an. Trotz einer erheblichen Verbesserung vorgeburtlichen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten müssen diese nicht unterschätzt werden. 40-Jährige Mütter erleiden doppelt so oft eine Fehlgeburt wie 30-Jährige. Andere denkbaren Komplikationen sind Schwangerschaftsdiabetes, hoher Blutdruck und Plazentaschwäche. Das Alter der Mutter ist besonders bei der Chromosomen-Anomalie Trisomie 21 (Down-Syndrom) ein großer Risikofaktor. Statistsich gesehen liegt die Wahrscheinlichkeit eines an Down- Syndrom leidenten Babys bei Schwangeren mit 31 bei 1:800, mit 40 bei 1:100, mit 45 sogar bei 1:30. Das Risiko kann zwar abgeschätzt, aber noch nicht behandelt werden. Zudem kann bei den vorsorglichen diagnostischen Gefahren zur Risikoabschätzung einer möglichen Kindesbehinderung eine Fehlgeburt ausgelöst werden. Über den Grad der Behinderung kann selten etwas Genaues gesagt werden – ob ein kaum auffäliger Defekt oder schwerer Herzfehler – alles ist möglich. Im Mutterpass steht: Risikoschwangerschaft Bei Schwangeren über 40 besteht auch ein erhöhtes Risiko, dass das Baby ein geringeres Geburtsgewicht hat. Die Zahl der Früh- oder Totgeburten ist wesentlich höher als bei jungen Müttern. Klinische Studien belegen, dass auch die Kinder von älteren Müttern einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, später an Diabetes Typ 1 oder hohem Blutdruck zu erkranken. So wird bei den Spätgebärenden im Mutterpass fast immer der Vermerk Risikoschwangerschaft gemacht. Dabei spielt auch das Alter des Vater eine Rolle. Die Qualität der Spermien lässt mit steigenden Alter nach. Das ist mit Gefahren möglicher genetisch bedingter Störungen wie Down Syndrom oder Schizophrenie verbunden. Mit Fortschreiten der ersten Symptome von Wechseljahren sinkt die Chance auf eine natürliche Schwangerschaft noch deutlicher. Wechseljahre selbst bedeuten schließlich das Ende der Fruchtbarkeit, weil der Körper keine Eizellen mehr frei gibt und keine für die Empfängnis nötigen Hormone produziert. Ist ein Jahr lang keine Blutung aufgetretten, bedeutet dies das endgültige Ende der Fruchtbarkeit. Die Wechseljahre bekommen europäische Frauen im Schnitt mit ca. 50 Jahren, doch es gibt auch große Abweichungen von dem Mittelwert. Das Tückische dabei ist, dass der Hormonhaushalt sich nur langsam verändert und die ersten Anzeichen dafür wie Schlafstörungen werden oft unbemerkbar oder anderen Ursachen wie Stress zugeordnet. Nach Meinung vieler Experten ist eine natürliche Empfängnis nach dem 45. Lebensjahr fast unmöglich.