Gesund aufwachsen Alles „normal“ – Biologische Schwankung oder Fehlentwicklung? Redaktion Eltern können ihr Erbgut bereits vor einer Schwangerschaft auf mögliche Risiken überprüfen, um schwere Erkrankungen beim Nachwuchs zu vermeiden. Oftmals wird dabei vergessen, dass biologische Schwankungen völlig normal sind und ein optimales Baby nicht existiert. Oftmals wird dabei vergessen, dass biologische Schwankungen völlig normal sind und ein optimales Baby nicht existiert. Die Lebensumstände und Einflüsse beim Wachsen und Größerwerden haben ebenfalls eine große Bedeutung. Aber was ist dabei normal? Gerade bei der Überwachung der frühkindlichen Entwicklung hat unser Gesundheitssystem mit den zahlreichen Vorsorgeuntersuchungen einen umfangreichen Rahmen geschaffen. Von U1 bis U10 oder J1 werden dabei passend zum jeweiligen Wachstum die verschiedensten Körperfunktionen getestet. Die Sinnesorgane, der Bewegungsapparat, Körperreflexe oder Der Zuwachs an Knochen- und Muskelmasse: All diese Punkte zeichnen ein Bild der gesundheitlichen Verfassung und der körperlichen oder geistigen Entwicklung der Kinder. Dabei ist es ebenso möglich, Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen und entsprechend darauf zu reagieren. Erfahrungs- und Durchschnittswerte Bei den Untersuchungen orientieren sich die Ärzte an Durchschnittswerten. Im Laufe der Jahre wurden medizinische Erkenntnisse zu den Entwicklungsphasen und einzelnen Wachstumsschritten der Kinder zusammengetragen. Die Babys durchlaufen dabei immer wieder verschiedene Abschnitte, in denen bestimmte körperliche Merkmale verstärkt ausgebildet werden. Dies wird bei den Vorsorgeuntersuchungen berücksichtigt. Die Durchschnittswerte dienen dabei jedoch zunächst als Orientierung. Jedes Kind entwickelt sich in seinem eigenen Tempo und bestehen in einem Bereich gewisse Defizite, können diese auch mit etwas Verzögerung noch ganz normal aufgeholt werden. Da sich das Baby jedoch noch nicht selbst ausreichend äußern kann, ist es sehr wichtig, Auffälligkeiten im Auge zu behalten. Verschiedene körperliche Einschränkungen wie etwa eine Fehlsichtigkeit oder auch ein eingeschränktes Gehör wirken sich nachhaltig auch auf andere Entwicklungsschritte aus. Mit der passenden Unterstützung, etwa einer Seh- oder Hörhilfe kann die Beeinträchtigung ohne großen Aufwand ausgeglichen werden. Innerhalb des ersten Jahres erlangen Kinder ihre vollständige Sehkraft Sinneswahrnehmung einer der wichtigsten Punkte Durch eine intakte Sinneswahrnehmung können Babys ihre Umwelt kennenlernen und äußere Reize empfinden. Dies ist die Grundlage für sämtliche weiteren Entwicklungsschritte. Die Augen als Organe zum Wahrnehmen der sichtbaren Welt sind zusammen mit den Ohren von Anfang an die wichtigsten Instrumente. Obwohl hier bei völlig gesunden Kindern alle Anlagen wie der Linse, der Hornhaut, dem Sehnerv oder dem Sehzentrum im Gehirn bereits vorhanden sind, sehen Babys zunächst sehr unscharf. Es können deutlich Lichtunterschiede, aber auch Kontraste Umrisse und Bewegungen erkannt werden. Richtig scharf ist das Bild dabei jedoch nur bis in einer Entfernung von etwa 20 bis 30 Zentimeter. Dies liegt daran, dass die Augenmuskulatur noch unzureichend ausgebildet ist. Das „Scharfstellen“ der Linse erfordert Kraft, die erst nach und nach entsteht. Innerhalb des ersten Jahres wird in der Regel dann die vollständige Sehkraft erlangt. In den ersten Monaten (U5) überprüft der Kinderarzt bei der Routineuntersuchung deshalb mit verschiedenen Tests, ob die Entwicklung hier bereits vorangeschritten ist. Dasselbe gilt auch für die Ausbildung des Gehörs. Allerdings kann sich dieser Sinn mehr als etwa das Auge bereits im Mutterleib weiterbilden. Vor allem im Gehirn werden hier im ersten Lebensjahr noch Strukturen beispielsweise für die Richtungswahrnehmung oder die Erkennung von Sprache ausbauen. Normale Anomalien Durch die regelmäßigen Kontrollen können Defizite beim Sehvermögen oder auch Einschränkungen beim Hören rechtzeitig erkannt werden. Kurz- oder Weitsichtigkeit zählen aufgrund der Häufigkeit als ganz normale Anomalien. Auch das Hörvermögen kann beispielsweise durch Entzündungen dauerhaften Schaden erleiden. Wichtig ist, dass das Defizit dann frühzeitig mit einer Brille oder auch einem geeigneten Hörgerät ausgeglichen wird. Auf diese Weise kann das Baby die Welt ganz normal wahrnehmen und andere Entwicklungsschritte werden nicht beeinträchtigt. Die Sinneswahrnehmung wirkt sich nachhaltig auf viele weitere Punkte aus: Interaktion mit Anderen Sprachliche Entwicklung Erlernen motorischer Fähigkeiten Entwickeln sozialer Fähigkeiten und des Selbst-Bewusstseins Zu den normalen Anomalien zählen auch verschiedene Fehlstellungen des Bewegungsapparates, den Zähnen oder auch Beeinträchtigungen bei der Koordinationsfähigkeit. Allerdings sind auch hier etwa O-Beine bei Babys und X-Beine bei Kleinkindern ganz normale Entwicklungsschritte und werden nicht zu den Fehlstellungen gezählt. Die Zahnspange korrigiert Fehlstellungen im Kiefer Relativ häufig ist beispielsweise auch die sogenannte Hüftgeleksdysplasie, die oftmals durch eine Beckenendlage während der Schwangerschaft entsteht. Dabei sind die Hüftgelenksknochen nicht optimal ausgebildet. Durch eine Spreizhose, die in den ersten Wochen dauerhaft eingesetzt wird, kann dieses Defizit in der Regel vollständig ausgeglichen werden. Völlig alltäglich hingegen sind heutzutage Korrekturen am Gebiss geworden. Gehörten Zahnspangen vor einigen Jahren noch zu den exotischeren Hilfsmitteln, gibt es heute kaum noch Kinder oder Jugendliche, die nicht eine Zeitlang in Kieferorthopädischer Behandlung sind. Der Grund dafür ist nicht unbedingt, dass Zahnfehlstellungen inzwischen häufiger vorkommen, vielmehr sind dafür eine Veränderung des allgemeinen ästhetischen Empfindens und die verbesserten Behandlungsmethoden verantwortlich. Normales Leben auch mit Einschränkungen möglich Selbst mit umfangreicheren oder tieferliegenden Erkrankungen wie beispielsweise Diabetes können Kinder heutzutage ein ganz normales Leben führen. Selbstverständlich ist dabei ein erhöhter Aufwand bei der Gesundheitsüberwachung notwendig und ein verantwortungsvolles Handeln der Eltern kann den Verlauf der Krankheit entscheidend beeinflussen. Bei Diabetes sollte etwa bei den Ernährungsgewohnheiten mit gutem Beispiel vorangegangen werden.Das schrittweise Heranführen an die Krankheit, das Erlernen der biologischen Zusammenhänge zwischen der Lebensführung und dem körperlichen Befinden ist dabei besonders wichtig. Nach und nach können die betroffenen Kinder in der täglichen Behandlungsroutine dann selbständiger werden. Eigenverantwortung der Eltern Um eine gesunde Entwicklung ihrer Kinder zu gewährleisten tragen die Eltern eine große Verantwortung. Neben dem Besuch der Routineuntersuchungen sollten sie die Entwicklung ihrer Kleinen selbst genau beobachten. Auffälligkeiten können dann beim nächsten Arzttermin mit dem Doktor besprochen werden. Darüber hinaus kann das Ausbilden verschiedener Fähigkeiten durch gezielte Förderung passend unterstützt werden. Das Schaffen vielfältiger Umweltreize wie unterschiedliche Geräusche und Töne aber auch verschiedene visuelle Anreize sorgt für Herausforderungen, die den Babys beim Ausbilden ihrer Sinne helfen können. Auch das Gehirn reagiert darauf mit der Ausbildung neuer Synapsen. Außer dem Sehen und Hören sind auch die anderen Sinne gefordert: Geschmackssinn: Bereits im Mutterleib wirkt sich die Ernährung der Mutter auf die Entwicklung der Geschmacksknospen des Babys aus. Je vielfältiger die Sinneseindrücke dabei ausfallen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder auch später beim Aufwachsen offen für die unterschiedlichsten Speisen sind und auch Gefallen an Obst und Gemüse finden. Geruchssinn: Dieser wird eher unbewusst eingesetzt, ist jedoch untrennbar mit dem Geschmackssinn verbunden. In unserer Umgebung sind wir ständig verschiedenen Gerüchen ausgesetzt. Die Wahrnehmung wirkt sich eher auf das emotionale Empfinden der Kinder aus. Der Körpergeruch vertrauter Personen kann erkannt und zugeordnet werden. Zudem spielt der Geruchssinn eine wichtige Rolle dabei, welche Lebensmittel gemocht werden und welche nicht. Tastsinn: Er hat bei der Ausbildung einer starken Bindung zwischen den Eltern und dem Kind eine wichtige Bedeutung. Der direkte Körperkontakt wirkt sich ebenfalls nachhaltig auf die gesunde Entwicklung der Babys aus. Studien zeigen, dass Kinder, die viel körperliche Nähe erfahren seltener krank werden, ein besseres Wachstum aufweisen und auch später leichter soziale Kontakte knüpfen können. Durch ein komplexes Zusammenspiel der verschiedenen Sinne ist bei den Kindern vor allem auch die geistige Entwicklung gefordert. Die zahlreichen Eindrücke werden im Gehirn verarbeitet und nach und nach Zusammenhänge geschaffen und Erfahrungen gebildet. Alle Informationen werden ganz automatisch aufgesaugt und tragen auf irgendeine Weise zur Weiterentwicklung bei. Fehlen Anreize von außen, kann dies zu Defiziten führen. U-Untersuchungen halten die Entwicklung des Kindes fest Die Sorge von Eltern über verschiedene vermeintliche Fehlentwicklungen ist nicht immer begründet. Zahlreiche Defizite sind lediglich Ausdruck ganz normaler biologischer Schwankungen und können in der Regel durch gezielte Förderung ausgeglichen werden. Andere gesundheitliche Einschränkungen sind ebenfalls als normaler Durchschnitt anzusehen. Im Rahmen der standardisierten Vorsorgeuntersuchungen können Probleme frühzeitig erkannt werden. Dank des medizinischen Fortschritts sorgt in vielen Fällen eine gute Behandlung für Besserung oder ermöglicht einen ganz normalen Alltag. Eltern sollten die Entwicklung ihrer Kinder jedoch genau beobachten und sich bei Ungereimtheiten frühzeitig an einen Arzt wenden.