Trendsport Parkour Die Kunst, sich frei zu bewegen Thomas Müller Jenseits von Konkurrenz- und Wettbewerbsdenken entstand im Frankreich der frühen 80er Jahre eine Sportart, die dem Ausführenden ein Höchstmaß an Konzentration, Geschicklichkeit, Ausdauer und Kreativität abverlangt. Bei dieser Herausforderung namens Parkour geht es darum, sich mittels realistischer Einschätzung der eigenen Fähigkeiten auf möglichst effiziente Art und Weise seinen Weg durch vorgegebene Hindernisse zu bahnen. Die Entstehung von Parkour geht auf den Franzosen David Belle zurück, dem von seinem Vater, einem ehemaligen Soldaten, gezeigt wurde, sich in der Natur und im Einklang mit dieser zu bewegen und zu betätigen. Durch den Umzug in einen Pariser Vorort hatte er Gelegenheit, das Gelernte in komplett anderer Umgebung mit anderen Kindern spielerisch zu erproben. Aus Verfolgungsjagden über Hindernisse wie Geländer, Treppen oder Mauern entwickelte sich schrittweise ein neuer Sport, der mit steigender Gewandtheit auch die Schwierigkeitsgrade in die Höhe klettern ließ. In Frankreich hat sich Parkour, nicht zuletzt aufgrund seines charismatischen Begründers, längst zu einem festen Bestandteil der dortigen Sportszene entwickelt. Auch in anderen Ländern haben sich begeisterte Anhänger gefunden. Gemessen an ihrer Motivation, ist die Zahl der Traceure – so nennen sich die Parkour-Sportler – allerdings meist noch relativ klein. Sowohl eine stärkere Präsenz in den Medien als auch eine organisatorische Verdichtung lassen aber darauf schließen, dass ein wachsendes Interesse an dieser Sportart nur eine Frage der Zeit ist. So sind beispielsweise in dem Video „Hung up“ von Madonna agierende Traceure als Blickfang zu bewundern. In Berlin fand im Mai 2006 sogar ein „Parkour World Meeting“ statt, bei dem Profis aus diversen europäischen Ländern zum Austausch untereinander zusammen kamen und die Grundlagen ihres spektakulären Könnens in Workshops an Interessierte vermittelten. Die Philosophie des Parkour Was oft akrobatisch anmutet, wenn man sich erfahrene Traceure anschaut, wurzelt in ganz anderer Motivation. Es geht nicht um Effekthascherei oder Mutproben, sondern um das Ausloten neuer Wege und deren Bewältigung in möglichst flüssigen und eleganten Bewegungsabläufen. Die ausgeführten Aktionen dienen lediglich der Hindernisbewältigung. Indem der Traceur in einer bekannten Umgebung kreative Wege erschließt und diese perfekt zu meistern versucht, verschiebt sich die Perspektive sowohl auf die Umwelt als auch auf sich selbst. So lernt er seine Grenzen kennen und verbessert, darauf aufbauend, seine Fähigkeiten, ohne Risiken einzugehen. Das Zusammenspiel von vorhandener Topografie, eigener Fantasie und eigenem Können basiert auf individuellen Entscheidungen des Traceurs, unabhängig von äußeren Druck oder der Meinung anderer. Den Maßstab bildet einzig und allein der Traceur selbst. Oft wird Parkour von seinen Anhängern deshalb auch weniger als Sport und schon gar nicht als trendige Modeerscheinung denn als Kunstform angesehen. Beharrlichkeit Der Hindernislauf für Körper und Geist erfordert nichts weiter als ein Paar Turnschuhe. Trotz der enormen Freiheit des einzelnen Traceurs gibt es grundlegende Bewegungsabläufe, mit denen ein Hindernis überwunden werden kann. Diese Grundtechniken, die jeweils spezifische Namen haben und aneinandergereiht dann den fließenden Parkour ergeben, gilt es bis zur Perfektion zu trainieren; wobei sich in jedem Bewegungsablauf die gesamte Konzentration bündelt.