Familienplanung Wann ist der richtige Zeitpunkt? Anne Ahrens Für manche wird er wohl nie kommen, andere richten ihren kompletten Lebensweg danach aus und wieder andere überkommt er über Nacht – der richtige Zeitpunkt, um schwanger zu werden. Woran erkennt man ihn, den Moment, der einem in sicherem Flüsterton zuraunt, dass es nun soweit ist? Der Augenblick, in dem sich beide Partner ansehen und sich vorstellen können, ihr gemeinsames Leben ab sofort grundlegend zu verändern – aus zwei wird drei. Der Wunsch nach einem Kind wird oftmals bis ins zeitlich Ungewisse hinausgeschoben. „Ja, natürlich möchte ich einmal Kinder haben, aber jetzt passt’s einfach noch nicht.“ Wenn man einmal ehrlich ist, findet das Abwarten auf den richtigen Moment wohl nie ein Ende. Entscheidungsfindung Für manche ist es eine Entscheidung, die fernab jeglichen Pragmatismus’ aus dem Bauch heraus getroffen wird. Das innere Gefühl des Bereitseins, das Bewusstsein, man könne ab sofort Verantwortung für einen Menschen übernehmen, der ganz und gar auf einen angewiesen ist, ein aufflammender Mutterinstinkt, der sämtliche Zweifel beseitigt, all dies sind Impulse, die einer Frau klar machen, dass sie nun nicht länger warten will. Für andere ist ein derartiger Entschluss Resultat eines langen Prozesses des Abwägens, Planens, Kalkulierens, in den eher pragmatisch ökonomische Aspekte reinspielen als ein emotionaler Fragenkatalog. Wenn sich der Lebensrhythmus ändert Vor allem für junge Paare bedeutet eine solche Umstellung des Lebensrhythmus’ nicht nur eine Flut an wachsenden, neuen Aufgaben, die es zu bewältigen gilt. Im Verzicht auf Spontaneität schlummert auch die Absage an einen Lebensstil, der aufgrund wilder Verpflichtungslosigkeit eigentlich noch nie Raum für Kinder vorsah. Was treibt junge Menschen zu diesem wichtigen Schritt und steht Familienplanung der eigenen Karriereplanung entgegen? Weggabelung – Karriere oder Kind oder beides? Die Geburtsstunde eines Kindes wird von vielen ebenso als Sterbemoment für ein ausgefülltes Berufsleben gesehen. Ein Erklimmen der Karriereleiter sei durch einen EZU (Erziehungsurlaub) gefährdet, wenn nicht sogar gestoppt und die nächste Sprosse rücke wohl mit zunehmendem Wegbleiben aus der Arbeitswelt außer Sichtweite. Sind sie nun tatsächlich so derart schwer zu vereinbaren, diese beiden zentralen Bestandteile eines erfüllten Lebens? Die Antwort auf diese Frage liegt im Suchen und Finden oder längst-gefunden-haben des passenden Augenblicks, der in jedem Elternpaar individuell schlummert. Ob im Studium oder nach dessen Beendigung, jedes Elternpaar wird die Situation auf seine ganz eigene Art meistern. In diesen Tagen noch einer natürlichen Familienplanung nachzugehen, scheint wie eine altmodische Utopie, der man in einem Moment der Naivität und des Optimismus’ nachhängt. Kann man sie dann eigentlich noch als natürlich bezeichnen, wenn Karriereplanung mit hineinspielt? Was kann als natürlicherweise den Lebensumständen angepasst angesehen werden? Ein Kind vor der Ausbildung, während oder danach, wenn man mit beiden Füßen im Berufsleben steht? Auf all diese Fragen kann selbstverständlich nicht mit einem Rezept Abhilfe geschaffen werden. Spekulationen über Vor- und Nachteile werden in fast allen Fällen zum Ergebnis haben, dass ich selbst anders entscheiden würde als meine Nachbarin oder meine beste Freundin. Studium und Kind: „Babygeschrei im Plenarsaal“ Hört man sich einmal in den Reihen junger Akademiker-Mütter um, so ist nicht selten der Standpunkt zu vernehmen, dass gerade die Zeit im Studium, sei es hinsichtlich der finanziellen Absicherung, der persönlichen Freiheit oder der Ungebundenheit an einen Beruf nahezu perfekt für eine Schwangerschaft sei. Steht man erst einmal davor, den Sprung ins Berufsleben zu wagen und springt dann tatsächlich, fällt es einigen womöglich schwerer einen vorhandenen Status aufzugeben und zurück zu kehren in einen Alltag in den eigenen vier Wänden, der sich ganz und gar dem Kind verschrieben hat. Gelingt das Timing so, dass das Kind mit Abschluss des Studiums im Kindergartenalter ist, so müssen, was die Jobfindung angeht, gegebenenfalls weniger Abstriche gemacht werden. Wie fühlt es sich nun wohl für eine junge Mutter an, in den Vorlesungen plötzlich jene zu sein, die ihre wilden Geschichten von der gestrigen durchgetanzten Nacht gegen Windel-Weisheiten und Schnuller-Storys eingetauscht hat? Plötzlich Mutter zu sein, ist eine einschneidende Entscheidung und so mancher geht es vielleicht ähnlich wie soeben beschrieben. Wenn die fetten Jahre vorbei sind… Mit dem Annehmen der Mutterrolle lässt man immer ein paar Seiten seines eigenen Drehbuchs beiseite. Man ersetzt sie durch neue, auf denen die Hauptrolle dem Baby vorbehalten ist. Wer seine fetten Jahre bereits ausgelebt hat und das Gefühl hat, sich in vielerlei Hinsicht reichlich ausgetobt zu haben, der verspürt wahrscheinlich von ganz allein den aufkommenden Wunsch nach Häuslichkeit und „Nestbau“. Die Vorfreude auf ozeanisch große Mutterfreuden beim täglichen Anblick dessen, was man nun begleiten darf und gedeihen lässt und das nicht so rapide verpufft wie eine durchgemachte Nacht oder ein wildes Fetendelirium, lässt wohl all die vormaligen Vorzüge von Autonomie und einem Lebensstil, der es einem erlaubte, in den Tag hinein zu leben, ziemlich blass erscheinen. Nein, da ist etwas, das bleibt. Frei von Druck und Erwartung Sich in einer Gesellschaft, in der die wirtschaftliche Lage eigentlich keine Möglichkeit für das zufriedene Nebeneinander von Kind und Karriere vorsieht, vom ökonomischen Druck nicht zerdrücken zu lassen, ist alles andere als einfach. Ein starker eigener Wille, eine halbwegs solide Ausbildung und das Wissen um die Frage: Was will ich? sind in solchem Fall unabdingbar. Ebenso Gesprächsrunden, die die prekäre „Ü-30-noch-schwanger“-Thematik als eventuell problematisch deklarieren und die biologisch beste Zeit Anfang 20 bejubeln, darf um des eigenen Lebensfriedens willen am besten gar kein Gehör geschenkt werden. Denn wenn sich Umstände wie Partnerschaft, Beruf und persönliche Reife nicht vorher einstellen, dann wäre eine Schwangerschaft in jedem Fall an allen Haaren herbeigezogen und kein Garant für eine erfüllte Zukunft. Partnerschaft gleich Elternschaft? Ist mein Partner der richtige? Ein Kind bindet und verpflichtet. Im Idealfall werden von dem Augenblick der Geburt an noch stärkere Bande geknüpft, als es eine Partnerschaft zu erreichen vermag. Ist die Frage, ob einem der richtige Partner zur Seite steht, der einen selbst von nun an auf dem Pfad der Familie begleiten wird, dann nicht sogar viel wichtiger als jene nach dem richtigen Zeitpunkt? Machte man, noch bevor sich der Kinderwunsch überhaupt an die Oberfläche kämpfte, in der Beziehung bereits Abstriche? Dreht sich der Dialog um den Nachwuchs womöglich nur darum, vorhandene Krisenmomente zu verdecken? Diese Fragen sollte man sich in aller Ruhe stellen und sehen, ob sie nicht doch womöglich Anlass dafür sind, den Kinderwunsch hinten an zu stellen und sich erst einmal um die Beziehung zu kümmern. Zuviel der Grübelei Forschte man einmal nach, wie viele der neugeborenen Kinder tatsächlich bis aufs Letzte geplant sind und mit einer perfekt angeordneten Lebensumgebung einhergehen, so sähe man, dass Glück einem manchmal einfach so passieren muss. Überlegt man nämlich zu lang und läuft sich in einem Tunnel ohne Ende auf der eben jener Suche nach dem passenden Augenblick die Füße wund, so läuft man vor allem Gefahr ihn zu verpassen. Oftmals ist es nicht das Ende der Strecke, an dem die Weichen gestellt werden, sondern eine unmerkliche Gabelung am Wegesrand, hinter der ein überraschender neuer Lebenspfad auf einen wartet.
Elternschaft und Erwartungen an das Kind „Die beste Einstellung der Eltern zu ihren Kindern ist die, neugierig zu sein“